Kein Anlass zur Nervosität beim Team Canada
27.9.2024, 13:00
Kanada ist Rekordweltmeister – und ex aequo auch Rekordsieger am Spengler Cup. Die Vorzeigenation des Eishockeys profitiert von ihren einzigartigen Dimensionen – und lässt in vielerlei Hinsicht die Muskeln spielen.
Ein Bonmot besagt: Fussball ist, wenn Deutschland gewinnt. Das mag nicht mehr hyperaktuell sein, aber auf das Eishockey gemünzt, liesse es sich so umdichten: Eishockey ist, wenn Kanada gewinnt. Nicht immer, gewiss nicht, aber man könnte einen ganzen Turniertag des Spengler Cup damit füllen, das Palmares des Mutterlands dieser Sportart, zu verlesen.
28-mal holten die Kanadier WM-Gold, zuletzt 2023 in Riga dank einem 5:2-Finalsieg über Deutschland. Acht Mal holte Kanada Olympia-Gold, auch das ist Rekord, darunter 2010 am Heimturnier in Vancouver mit allerlei Spielern, die auch schon den Spengler Cup gewonnen haben: Patrice Bergeron, Rick Nash und Joe Thornton.
Die scheinbar unablässig sprudelnde Quelle an Hochkarätern unter den knapp 39 Millionen Einwohnern versiegt nicht – und das hat gute Gründe. Kanada profitiert stark davon, dass Eishockey von British Columbia bis Neufundland der unbestrittene Nationalsport Nummer 1 ist und zählt knapp mehr als 550'000 lizenzierte Spieler, das Volumen ist enorm. Zum Vergleich: In Russland sind es fünf Mal weniger. Und in der Schweiz rund 32'000.
So kommt es, dass Kanadas Spielerreservoir gross genug ist, um seit inzwischen 40 Jahren den Spengler Cup zu bereichern. Das Team Canada gehört zum Inventar und ist aus dem Teilnehmerfeld nicht wegzudenken. Die Verantwortlichen und die Spieler nehmen das Turnier sehr ernst, sie tragen mit ihrer Einstellung viel zur sportlichen Legitimation des Spengler Cup bei. Für viele in Europa beschäftigte Profis ist es die einzige Gelegenheit, sich in der Heimat einem grösseren Publikum präsentieren zu können – der nationale Sportsender TSN überträgt alle Partien live.
Mehr als vier Jahre musste der ewige Titelfavorit in Davos noch nie auf einen Titel warten, es besteht diesbezüglich also kein Anlass zur Nervosität. Zuletzt allerdings mussten die Kanadier reichlich Enttäuschungen verkraften: 2022 scheiterte die Mannschaft schon in der Qualifikation für den Halbfinal an Örebro. Und 2023 war unter dem Star-Trainer Bruce Boudreau im Halbfinal gegen Pardubice Schluss; selbst die Präsenz der Lichtgestalt Joe Thornton als Assistenz-General-Manager brachte keine Fortune. Das Kollektiv musste am TV mitansehen, wie der HC Davos mit seinem 16. Erfolg gleichzog – das Team Canada ist seither nicht mehr alleiniger Rekordsieger.
Die Kanadier werden alles dafür unternehmen, dass sich das 2024 ändert. Eine Herausforderung besteht allerdings darin, dass sich der Kader traditionell vornehmlich aus Spielern der National-League-Klubs speist. Und diese im Hinblick auf die neue Saison kaum Kanadier verpflichtet haben: Diversen Abgängen (Maxim Noreau, Daniel Winnik, Colton Sceviour, etc.) stehen zum Saisonstart einzig die Zuzüge von Philippe Maillet und Adam Tambellini gegenüber; nur sie sind neu in der Liga. Und Tambellini befindet sich mit dem HCD auf der Mission Titelverteidigung. Finden sich neue kanadische Helden?
Text: SLAPSHOT, Das Hockey-Magazin der Schweiz Foto: KEYSTONE/Melanie Duchene
Das Team Canada wird vom Spengler Cup Gold Partner WÜRTH präsentiert.