Schon 1923 mit renommierten Teams
21.9.2023, 13:00
Genau 100 Jahre ist es her, seit der erste Spengler Cup durchgeführt wurde. Niemand hätte damals wohl gedacht, welche sportliche und gesellschaftliche Erfolgsgeschichte in Davos ihren Anfang macht.
Die Welt war in jenen Jahren noch in der Aufarbeitung der Folgen des Ersten Weltkrieges. Der Davoser Arzt Dr. med. Carl Spengler sah das Eishockey als Mittel, um verfeindete, am Krieg beteiligte Nationen einander näherzubringen und stiftete an Weihnachten 1923 einen Wanderbecher für das neu ins Leben gerufene Turnier. Der Sport sollte dabei helfen, die Vergangenheit möglichst beiseite zu legen, den Blick in die Zukunft zu richten und Feindschaften zu begraben.
Vor 100 Jahren war die Berichterstattung natürlich Lichtjahre von den heutigen Möglichkeiten entfernt, dennoch wurden einige Details zur Premiere 1923 übermittelt, die man unter dem Namen «Internationale Eishockey-Meisterschaft von Davos» kannte. Je nach Quellen oder Sichtweise nahmen vier oder fünf Mannschaften teil. Das waren: der Wiener EV, der Berliner SC, die University of Oxford, Gastgeber HC Davos sowie die Cambridge University, die am 2. Januar, als das Turnier eigentlich schon vorbei war, dazu stiess und danach gegen die restlichen Teams antrat.
Es waren Clubs mit Renommee. Im Wiener EV wurde zwischen 1914 und 1985 eine Eis-hockeysektion geführt – und dies gerade in den Anfangsjahren mit grossem Erfolg. Zwischen 1922 und 1937 gewannen die Wiener nicht weniger als zehn Mal die österreichische Meisterschaft. Zu einem Triumph in Davos reichte es den Österreichern zwar nicht, aber immerhin zu einem besonderen Eintrag in die Geschichtsbücher, denn Gastgeber Davos verlor sein erstes Spiel am Heimturnier überhaupt gegen den Wiener EV mit 0:4.
Ein anderes Team war der Berliner SC, der 1908 sein erstes offizielles Eishockeyspiel bestritt und 1912 erstmals Deutscher Meister wurde. Es war einer von vielen Titeln – bis 1937 kamen 16 weitere dazu, wobei nicht zu vergessen ist, dass zwischen 1915 und 1919 wegen des Ersten Weltkrieges keine Meisterschaften gespielt wurden. Auch in Davos hinterliess der Berliner SC Spuren: 1923 reichte es zu Rang 2, in den Jahren 1924, 1926 und 1928 sicherten sich die Deutschen dann den Turniersieg.
In den ersten Jahren prägend und erfolgreich war auch das Team der Oxford University, welches die Premiere 1923 gewann sowie 1925, 1931 und 1932 triumphierte. Dabei konnten die Briten in den Anfangsjahren auf einen in der Folge prominenten Namen zählen: Lester Bowles «Mike» Pearson, der später kanadischer Politiker und Diplomat wurde; zwischen April 1963 und April 1968 war er beispielsweise kanadischer Premierminister.
Und da war natürlich Gastgeber HC Davos, der 1923 durch Goalie Charlie Fasel, Captain Dr. Paul Müller, Albert «Tiger» Geromini, Fritz Kraatz, Alfred Punz, Heini Meng und Alexander «Tuggi» Spengler vertreten wurde, dazu kamen die Ersatzspieler Morosani, Holsboer, Rüedi und Rössel.
Dass die Spieler damals als Pioniere tätig waren, zeigt eine Aussage von Dr. Paul Müller, der 1921 aus dem Gäste- und Mittelschulclub den Hockey Club Davos gründete, in der «Davoser Revue»: «Technik und Taktik des Spiels waren uns noch ganz fremd. Auch die Spielerausrüstung war mangelhaft. Unsere Stürmer spielten in Shorts, mit nackten Beinen, die Verteidiger in gewöhnlichen Sporthosen, wobei wir die Schienbeine und Oberschenkel mit eingelegten Zeitungen schützten.»
Text: SLAPSHOT – das Hockey-Magazin der Schweiz Foto: Keystone